Dienstag, 11. April 2017

FK Teplice - FC Slovan Liberec

Samstag 08. April

Samstag. Wochenende. Langeweile! Doch dann durchdringt das Piepsen des Mobiltelefones die monotonen Fernsehgeräusche und die aufkommende Müdigkeit zum Mittagsschläfchen wurde unterbrochen. Der letztwöchige Bierkönig schickte per Messenger das Ansetzungsbild von oben erwähnten Spiel. Den Termin hatte der Autor vorher schon erspäht, konnte aber unter dem Autorenkollektiv keine Reisebegeisterung hervorrufen. Auch bei den anderen Reisebegleitern unserer ersten Fahrt in die ehemalige Tschechoslowakei konnten keine Mitfahrer angeworben werden.
Sport frei!

Nachdem der Bierkönig nicht erwartet hätte, beim Autor auf Einwilligung zu stoßen, musste er erst noch ein wenig als Fahrer geködert werden. Nachdem der Reisehaushaltsfinanzausgleich geklärt und der Treffpunkt und Uhrzeit vereinbart waren, konnte die wilde Fahrt gegen vier Uhr nachmittags auch schon beginnen. Anstoß der heutigen Begegnung war ja schließlich erst um 18:15. Zeit genug also... Sollte man meinen. Doch erstens kommt es beim hafern anders und zweitens als man denkt.
Den fremden Pkw bestiegen und erstmal für die Gnädigste zu Hause einkaufen gefahren, eigentliches Auto in der Werkstatt angeguckt und noch zur Sparkasse kutschiert, strapazierten das Zeitmanagement deutlich. Über die BAB17 und die S174 ging es bis zum Grenzübergang Zinnwald-Georgenfeld. Die insgesamt knapp 75 Kilometer lange Reise wurde mit allerlei Gequatsche und dem ein oder anderen Bier kurzweilig gestaltet. Kurz nach der nicht stattfinden Passkontrolle wurde an einer Tankanlage rangefahren und wie letzte Woche sollte der Devisentausch vonstatten gehen. Denkste! Wollte dieses Mal die Tschechenmuddi keine €uro annehmen und in einheimische Kronen umtauschen. Also weiter über Dubi, mit seinen bekannten Schaufenstern, nach Teplice. Ohne größere Umwege wurde direkt der Stadionparkplatz angefahren, der Rentner aus der Parklücke geleitet und diese direkt besetzt. Oha! Falsche Wortwahl. Sagen wir lieber: belegt. 
unnütze Hintertortribüne

Nun hieß es noch, den harten €uro gegen die schwammige tschechische Krone einzutauschen. Da niemand von uns beiden wusste wo, wurde die überall herumlungernde Policia in englischer Sprache bemüht. Nach etwas diffusen und wiedersprüchlichen Aussagen konnte einige Meter unterhalb des Stadions eine Wechselstube ausfindig gemacht werden. Dazu muss man erwähnen, dass das Stadion "AGC Arena Na Stínadlech" auf einer kleinen Anhöhe in der Stadt liegt. Als man die Lokalität betrat, wollte uns der Bankier und / oder nigerianischer Warlord nicht mehr bedienen. Ladenschlussgesetz in der CSSR. Ob es das Flehen und Betteln, oder das Wedeln eines 50-Euroscheines war, kann nicht mehr beurteilt werden. Am Ende hatten beide haferer die Kronen in der Hand und es konnte sich nach Karten angestellt werden. Der heutige Wechselkurs war sogar noch besser als letzte Woche an der Zapfstelle und somit hielt der Autor sogar einen 500 Kronenschein in der Hand. Da vom Bierkönig Ortskenntnisse vorhanden waren, begab man sich schnellen Fußes und zielsicher zum Verkaufsbunker. Beide Karten zum Preis von jeweils 100 CZK erstanden und dann flugs ins Stadion rein. Umgerechnet vier €uro für ein Spiel in der ePojisteni.cz liga grenzen schon fast an Wucher. Bedenkt man aber, dass es im deutschen Äquivalent (der Bundesliga) kaum möglich sein dürfte für unter zehn €uro Fussball zu schauen, sieht man das Ganze in einem anderen Licht. Das aber für 100 CZK keine Kontrollen drin sind, war auch für uns neu. Völlig unangetastet begab man sich schnell noch zur Tränke und dann fast pünktlich zum Anpfiff auf einen Platz. Freie Platzwahl war im Preis übrigens mit inbegriffen.
Pivo, Klobasa und Langos

Die AGC Arena ist nach den drei Prager Stadien (Eden Arena, Generalli Arena und Juliska) eines der größten Stadien der ehemaligen Tschechoslowakei. Es bietet insgesamt 18.221 Menschen Platz, wobei alles Sitzplätze sind. Drei große Tribünen bieten dem Besucher Schutz vor Regen und die verbleibende kleine Hintertortribüne beherbergt außer der Videoleinwand nicht wirklich etwas Besonderes. Neben der Heimstätte von Sparta Prag, ist es im Übrigen auch die Hauptspielstätte der Tschechischen Nationalmannschaft. Nach der Eröffnung 1973 wurde es des Öfteren schon renoviert und genügt nun den harten Ansprüchen der FIFA und UEFA. Die Parkplatzsituation vor Ort ist sehr entspannt und auch eine Anreise mit der Bahn kann empfohlen werden, ist der Bahnhof doch nur eine viertel Stunde zu Fuß entfernt. Ansonsten ist das Stadion schon eher ranzig, mit dem gewissen Ostblockcharme behaftet und in der ein oder anderen Ecke sitzt der Dreck ganz schön tief. Trotzdem ist es das bisher schönste Stadion, welches der hafer (mit Ausnahme des Dresdner Großmoguls) besuchen durfte. Ganz klare 5 von 5 Tribünen!
Interessant ist beim FK Teplice das Fanverhalten. Während in einer Ecke der Sektor 15 mit Zaunfahne und nicht mehr als zehn Leuten auf sich aufmerksam machte, befindet sich auf der Gegentribüne unter dem Dach noch ein weiterer Fanblock, welcher ebenfalls mit Zaunfahne und Schnipselchoreo zu überzeugen wusste. Insgesamt war die Stimmung unter den 4.133 Zuschauern, auch auf Grund des Spielstandes, recht euphorisch. Der Fanblock unter dem Dach war die kompletten 90 Minuten um Stimmung bemüht. Die Gäste aus dem etwa 120 Kilometer entfernten Liberec waren heute mit ungefähr 50 Fans im Stadion vertreten, welche hinter einer großen "Supras Core"-Fahne hin und wieder zu vernehmen waren.
Pissrinne von außen...
Letzte Woche wurde schon Blut geleckt und heute war sie wieder fällig: die Klobasa! Vorher ging es nochmal an den Bierstand. Das frisch gezapfte Gambrinus konnte für 25 CZK erstanden werden. Umgerechnet 1 €uro erscheinen im Vergleich zu letzter Woche unverschämt teuer. Dafür konnte der Gerstensaft in Temperatur und Geschmack voll und ganz überzeugen. Die Essenstände, welche sich getrennt von den Tränken befanden, konnten, im Gegensatz zu Varnsdorf, besser punkten. Es gab Langos, Chips, Popcorn und die lang ersehnte Klobasa. Aber welch eine Überraschung! Nicht nur die bekannte rote Klobasa wurde angeboten, nein, auch eine weiße Variante wurde für 40 CZK an die Hungrigen verkauft. Klar, dass der Hafer beide Würste essen musste. Der Bierkönig gab sich seinem Langos hin und beide Reisenden waren erstmal zufrieden gestellt. Achso: Bier wurde auch noch geholt. Alles in Allem können hier gut und gerne 4 von 5 Bockwürsten verteilt werden!
Bisher doch ein ganz vernünftiger Schnitt für tschechische Verhältnisse...
Aber da Hochmut bekanntlich vor dem Fall kommt, wussten die Sanitäre Einrichtungen auf ganzer Linie zu enttäuschen. Sehr schwummriges, diffuses Licht und zwei Pissrinnen. Mehr gab es eigentlich nicht. Der beißende Gestank ließ den Autor auch den Blick auf das stille Örtchen verwehren. Eine höhere Bewertung wäre eh nicht entstanden. Die Möglichkeit die Hände abzutrocknen wurde wegen hygienischen Bedenken außer Acht gelassen und wieder musste die Jeans herhalten.
...und innen!

Traurige, denn das Gesamtergebnis runterziehende, 1 von 5 Klobürsten!
Das Fussballspiel als solches wusste durchaus zu gefallen. Die Spieler waren vollends motiviert bei der Sache. Laut Tabellensituation sollte das Spiel heute eigentlich eine klare Sache sein. Die Gäste, als Tabellenzwölfter (von 16) angereist, hatten einen 2:0-Erfolg aus der Vorwoche im Gepäck. Die Hausherren als Tabellensechster konnten dem Tabellenführer aus Plzen (derzeitiger amtierender Meister) auswärts immerhin ein 2:2 abtrotzen. Somit haben die in Gelb spielenden Teplitzer immernoch Tuchfühlung zu den internationalen Plätzen. Trotz Allem sollte in diesem Derby Einiges möglich sein, ungeachtet der Tabellenkonstellation. 
So begann das Spiel recht schwungvoll und es entwickelte sich ein ansehnlicher Schlagabtausch. Es wurde versucht, schnell das Mittelfeld zu überbrücken und mit langen Bällen die Stürmer, respektive die Außen zu bedienen. Dass das nicht immer gelang, liegt in der Natur des hafers begründet. Auch sollte nicht aus den Gadanken verloren werden, dass es sich um tschechischen Fussball handelt. Zwar Erstligafussball, aber immer noch tschechischen Erstligafussball. So dauerte das Geplänkel bis zur 45´+ 2. Spielminute, und weitere zwei Bierchen für den Autor, ehe der allseits unbekannte Marek Cervenka zur 1:0 Pausenführung einnetzte. In der Halbzeit musste die trockene Kehle mit einem goldenen, isotonischen Kaltgetränk befeuchtet werden, wobei man fast eine, hierzulande beinahe für unmöglich gehaltene, Szene verpasst hätte. Hatte sich doch nicht etwa ein Schelm aus dem Gästebereich an die "Sektor 15"-Fahne heran gepirscht und diese vom Zaun entwendet. Dazu muss gesagt werden, dass der Weg von diesem Frechdachs einmal quer über dem Platz geführt hatte. Allerdings wurde der Mut des Gastes nicht belohnt und er kam gerade mal bis zum 5-Meterraum, ehe er von zwei mutantenähnlichen Ordnern recht schnell in die stabile Seitenlage gepresst wurde. Der Fahnenbesitzer kam dann auch noch vorbei und spendete dem am Boden Liegenden noch zwei bis drei geballte Hände Richtung Gesicht. Dieser Schockmoment musste erstmal mit einem Bierchen verdaut werden. 
weiter kam er nicht...

Zurück zum Fussball! Die zweite Hälfte begann ähnlich fulminat, wie die Erste endete. Nur ohne Tor und Stürmer und ordentlichem Fussball. Es entwickelte sich ein Grottenkick sonders Gleichen. Erst nach etwa 10 gespielten Minuten in Hälfte Zwei konnte König Fussball wieder in Erscheinung treten und Hora konnte auf 2:0 erhöhen. Nur etwa zehn Minuten später konnten die Gäste den Anschlußtreffer für sich verbuchen und witterten Morgenluft. Diese wurde ihnen aber spätestens in der 84. Spielminute aus den Lungen gesaugt, als Roman Potocny zu Recht die Rote Karte aufgrund einer Tätlichkeit sah. Den Hausherren gelang dann noch der verdiente 3:1 Endstand in der 92. Minute. Zufrieden und mit einem Bierchen in der Hand verließ man das Stadion in Richtung Parkplatz, ehe man gegen 21:00 Uhr wieder in der Landeshauptstadt eintrudelte.

Am Ende bleibt wieder einmal ein schöner Besuch in unserem südlichen Nachbarland und der Titel des Bierkönigs in des Autors Hand.

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