Dienstag, 6. August 2019

Bohemians Prag 1905 - FC Viktoria Pilsen

Samstag 03. August 2019

Die große Hitzewelle ist vorbei und das Wochenende kam mit schönem, angenehmen sommerlichen Wetter um die Ecke. Der Fussballgroßmogul aus der Landeshauptstadt spielte gegen einen baden-württembergischen Sportclub und da die aktive Fanszene es vorzog im heimischen Rudolf-Harbig-Stadion ein offentliches Fussballgucken zu
Willkommen in CZ!
veranstalten, begab sich der Autor samt Brownie dorthin und wollte einen angenehmen Nachmittag verbringen. Die Eintrittkarten wurden uns eine Woche zuvor beim Heimspiel gegen Nürnberg in der Towi irgendwie untergejubelt. Ob es am übermäßigem Alkoholkonsum, oder an den brennend heißen Temperaturen lag, dass man die Karten ohne groß zu überlegen entgegennahm, lasse ich an dieser Stelle unkommentiert im Raum stehen. Der geneigte Leser kann sich sicherlich schon denken, woran es gelegen haben könnte.

Der Nachmittag begann im Großen Garten bei einem kühlen Blonden und nahm nach zwei übertriebenen Portionen Pommes seinen Lauf im K-Block. Das Bier und die Speisen wurden Dank selbstausrichtenden Ultras zum schmalen Taler angeboten und somit lief das Dosenbier ohne großartige Berührung mit der Außenwelt die trockenen Kehlen herunter. 
Das Spiel unserer Goldfüße konnte in der ersten Hälfte noch halbwegs überzeugen, allerdings waren die zweiten 45 Minuten eine mittelschwere Katastrophe, was das Fussballspielen anbelangt. Durch den erweiterten Konsum von Brauereiwaren, konnten die 90 Minuten irgendwie überstanden werden. Im Normalfall wäre der Autor nun nach Hause gegangen und hätte sich mit dem anderem Stammautor das Supercup-Irgendwas-Finale angeguckt. 
Heimblock der Ultras Bohemians
Aber nicht so an diesem Samstag! Zwei gut bekannte Kumpels weilten ebenfalls im Stadion, meinten allerdings auf der Plastiksitzschale Platz zu nehmen und hatten heute noch einiges vor. Oben genanntes Spiel gefiel dem Fahrer ganz gut und sollte von ihm angepeilt werden. Der Autor musste nicht lange überlegen und fragte schnell per Messengerapp nach, ob er mitkommen könne, dies wurde bejaht, und so nahm das Unheil seinen Lauf. Nach diversen Umwegen konnte relativ schnell die erste Tankstelle im Nachbarland angesteuert werden. Dort konnte die Flüssigkeit den Körper verlassen und die Rauchwarenvorräte aufgestockt werden.
Die Haupttribüne in vollem Glanz
Eine Vignette musste nicht beschafft werden, kam der Fahrer doch erst vor weniger als 24 Stunden aus dem Urlaub in Ungarn und somit klebte das kleine Plastikkärtchen bereits an der Windschutzscheibe. Weiter ging die Fahrt und durch diverse Trödeleien konnte der Parkplatz am Stadion erst kurz vor knapp befahren werden. Schon auf diesem strahlte die Honzahaupstadt in ihrer vollen Pracht. Ringsum ranzige alte Wohngebäude, das Parkwärterhäuschen wurde vor 30 Jahren aus Pressspan gebastelt und die Rückseite der Tribüne vom Stadion hatte ihre besten Tage auch schon hinter sich.

Goldenes Pivo
Flinken Fußes ging es dann auch schon zum Kartenschalter und nach der Leibesvisitation und dem Kartenkauf (Ja, genau in der Reihenfolge) konnte man auch schon das Stadion mit dem schönen Namen Dolicek betreten. Dieses kleine Schmuckstück im Prager Stadtteil Vrsovice wurde 1932 erbaut und laut Wikipedia das letzte Mal 2007 renoviert. Viel davon gesehen hat man allerdings nicht. Ganz schön abgeranzt die Hütte. Genauso wie der Haferer es mag! Einlass wurde uns an der Hintertortribüne gewährt, welche auch die aktive Fanszene beherbergt. Diese wusste auf den ersten Blick zu gefallen! Ein sehr bunter, alternativer Block, indem man sich neben Bier und Wurst auch an diversen anderen, sehr pflanzlichen Gerüchen erfreuen durfte. Drogenkonsum wird hier anscheinend groß geschrieben! Der Block hatte sogar eine Choreo im Gepäck und machte über die kompletten 90 Minuten ganz gut Stimmung. Bemerkenswerterweise gab es hier eine Trommlerin, die dem Block ordentlich einheizte. Das hab ich in unseren Gefilden bisher auch noch nicht gesehen.
Wie so oft führte der erste Weg an den Verpflegungsstand. Dieser offerierte allerdings nur Bier, was jedoch kein Hinderungsgrund war, die Kronen den Besitzer wechseln zu lassen. Der halbe Liter im stylischen Becher konnte für umgerechnet 2 €uro den Besitzer wechseln.
Traumhafte Kulisse
Da das Spiel nicht wirklich zu begeistern wusste, begaben wir drei uns hinter die Haupttribüne, welche im Übrigen die einzige überdachte war. Dort gab es das Vereinsmuseum, zahlreiche Fressstände und den Fanshop zu bestaunen. Im Laden wurde sich mit dem Nötigsten versorgt und dann ging es auch wieder auf die Tribüne, um dem Spiel doch noch ein wenig zu folgen. Neben der erwähnten Haupttribüne und der hinter dem Tor, gab es noch eine auf der Gegengerade. Diese bestand allerdings nur aus ein paar Stufen. Dort waren übrigens auch die ca. 200 Gästefans aus der 100 Kilometer entfernten Bierstadt untergebracht, welche gegen Ende des Spieles auch mal etwas Pyro zündeten. Die vierte Seite war verwaist und nur eine kleine Videowand stand dort und bot dem grau der Wand einhalt. Alles in allem findet man hier ein wahres Kleinod der urbanen Stadionarchitektur vor. Das so etwas im Profifussball noch zu erleben ist, freut den Autor ganz besonders. Die heute anwesenden knapp 6.000 Zuschauer stellen einen ungewöhlich hohen Besucheransturm für die Heimelf dar. Durch den abgeranzten Charme und die tolle Atmosphäre hat die Spielstätte hier schon alleine 5 von 5 Tribünen verdient. Dass der Eintritt mit umgerechnet nur 6 €uro für ein Erstligaspiel unheimlich günstig ist, kommt nur noch als i-Tüpfelchen oben drauf.
Das Vereinsmuseum: Klein aber fein!

In der Halbzeit sollte das Highlight folgen. Wer von der geneigten Leserschaft schon einmal im Honzaland beim Fussball war, oder unsere Publikation aufmerksam verfolgt, sollte wissen, dass es sich nur um eine Sache handeln kann: Die Klobasa! Und auch heute wurden die Anwesenden nicht enttäuscht. Diese rotbraune Köstlichkeit, welche im Zusammenspiel mit tschechischem Senf und diesem unnachahmlichen Schwarzbrot für eine Geschmacksexplosion der besonderen Art sorgt, ist allein schon ein Besuch im Nachbarland wert. Und auch heute konnte diese liebliche, herzhafte Fleischdelikatesse voll und ganz die Gaumen der Besucher kitzeln. Heiß, lecker, günstig! So muss das sein!
Da ist das Ding!

Desweiteren konnten noch Fettbemmchen, frittiertes Irgendwas und Gebäck käuflich erworben werden. Da wir uns allerdings nicht den Klobasageschmack aus den Mündern stehlen lassen wollten, lagen die Teilchen auch nach unserem Besuch noch in der Auslage. Alles in Allem kann man hier gut und gerne 4 von 5 Bockwürsten vergeben. Einziges Manko war nur die Abwesenheit von kleinen Süßen Leckereien. Daher der eine Punkt Abzug.
Auch während der Halbzeitpause mussten die gekachelten Nebenräume besucht werden. Während der Großteil der Besucher die angrenzende Mauer nutzte um sich zu erleichtern, begab sich der Autor auf das stille Örtchen, welches sich unter der Haupttribüne befindet. Schließlich sind wir ja nicht zum Vergnügen hier! Knallharte Recherchearbeit war angesagt. Und so machte er sich auf und erwartete das Schlimmste! Aber da wurde er doch eines Besseren belehrt. Die Toiletten waren ordentlich sauber, zahlreich vorhanden und es roch auch nicht nach unterschiedlichen Ausdünstungen und / oder Ausscheidungen. Alles schick in grün und weiß (die
Die anderen Leckereien
Vereinsfarben) gehalten und sogar die geliebten Papierhandtücher waren dem Ansturm gewachsen und auch bei einem Besuch nach Abpfiff noch vorhanden. Auch hier können gut und gerne 5 von 5 Klobürsten vergeben werden. Starke Leistung der Bohemians!

Das Spiel selber wurde mehr schlecht als recht verfolgt. Allerdings konnten die Männer, welche das Känguru auf der Brust tragen, dem aktuellen Vizemeister ein 0:0 abtrotzen. Jetzt wird sich der eine oder andere Leser sicherlich fragen, warum sich ein Beuteltier nicht nur im Wappen der grün-weißen Heimmannschaft verbirgt, sondern auch als Maskottchen dient und auch sonst im gesamten Stadionumfeld omnipräsent ist. 
Eine kurze Abhandlung aus der Geschichte: Die Mannschaft, welche damals noch AFK Vrsovice hieß, absolvierte 1927 eine Reise nach Australien unter dem Namen Bohemians Prag, welche knapp drei Monate dauerte. Auf dieser bekam die Mannschaft von irgendeinem Politiker ein Kängurupaar geschenkt, welches später in den Zoo von Prag verbracht wurde. Die Tour schweißte die Mannschaft so eng zusammen und war so ein identitätsstiftendes Momentum, dass der Verein den Namen Bohemians annahm und das Beuteltier in sein Wappen übernahm. So einfach ist die Geschichte und soll nur als Randnotiz herhalten.
recht ansehnliche Toiletten

Wie oben schon erwähnt taugt das spielerische Niveau nicht wirklich dazu, hier großartig viele Worte in die Tastatur zu hämmern, daher will ich es auch gern dabei belassen. Nach dem Spiel wurde der Parkplatz angesteuert, um die Heimfahrt wieder anzutreten. Allerdings haben die Mitreisendem dem Autor da einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Da der Schreiberling schon des Öfteren in Prag verweilte, erwähnte er ganz beiläufig, dass es in der Innenstadt wohl einen ganz netten Nachtclub gäbe. Da wurden die Ohren der Mitreisenden groß wie Radarschüsseln und die weitere Abendgestaltung war abgemachte Sache. Nur um es zu betonen, versuchte der Autor sich noch erfolglos in Widerworten zu üben! Nach schier endlosen Runden über den Wenzelsplatz der Parkplatzsuche geschuldet, betrat man dann auch schon bald den altbekannten Club. Über den weiteren Abend hülle ich einfach mal den Mantel des Schweigens. Einerseits bleibt in Prag, was in Prag passiert und anererseits war der konstant hohe und schleichende Alkoholkonsum dem Erinnerungsvermögen nicht gerade zuträglich. Nach verschlafener Fahrt konnte der Autor gegen halb sechs in der Früh wieder an seiner Matratze horchen und den Sonntag Sonntag sein lassen.

Am Ende bleib ein wunderschönes altes Stadion, eine Wurst die in Deutschland ihresgeleichen sucht und ein verkaterer Sonntag!

Anwesende: Robin Herrmann, Patrick Hermann, Marcus Wiltzsch
Autor: Marcus Wiltzsch