Sonntag, 9. August 2015

Auslandsjournal 02/2015

Danish Dynamite im Jahre 2015

Folgt man den Autobahnen im Norden unserer Republik in nördlicher Richtung, gelangt man unwillkürlich in das nördlichste unserer Nachbarländer: Dänemark! Doch was wissen wir eigentlich über die südlichen Skandinavier im Allgemeinen und den Fussball im Speziellen?
Der Dannebrog - älteste Nationalflagge der Welt

 Die größte Insel der Welt gehört politisch mit zum Königreich Dänemark, welches von Königin Margarethe II. als Staatsoberhaupt regiert wird. Neben Grönland gehören auch die Faröer Inseln zum Hoheitsgebiet und erhöhen die Gesamtfläche des Landes auf etwa 2,25 Millionen Quadratkilometer, wovon 2,2 Millionen Quadratkilometer Grönland zuzurechnen sind. Die Lebensqualität der Dänen ist laut Human Developement Index die zehntbeste der Welt. Dänemark gehört zur Europäischen Union, was die Einreise ziemlich einfach gestaltet (Man fährt einfach über die Autobahn ins Land ein und muss sich keinerlei Passkontrollen unterziehen). Das offizielle Zahlungsmittel ist die Dänische Krone und wurde während unseres Besuches mit 1:7 umgerechnet. Trotz dieses Umrechnungskurses ist Dänemark ein recht teures Pflaster. Nicht nur was die Lebensmittel angeht, auch die Dienstleistungen wie Fähre und geführte Ausflüge sind deutlich preisintensiver als zu Hause. 

Den Autor verschlug es samt besserer Hälfte im Juli 2015 nicht in die Hauptstadt Kopenhagen, sondern nach Fanø. Diese Insel in der Nordsee ist etwa 55 Quadratkilometer groß und liegt westlich der Hafenstadt Esbjerg. Die Fähre braucht für die Strecke Esbjerg - Nordby etwa zwölf Minuten. Insgesamt tummeln sich etwa 3200 Einwohner auf dem Eiland. Verteilt sind diese auf die Orte Nordby (Hauptort und Fähranleger), Rindby und Sønderho. Die Insel ist landschaftlich eher rau geprägt und hat außer Dünen, Sand, kilometerbreiten Stränden und Meer nicht allzu viel zu bieten. Touristisch erschlossen sind ehemalige Bunker des Atlantikwalls, der Golfplatz von Fanø (einziger Golfplatz Dänemarks, auf dem links herum gespielt wird, warum auch immer...) und Sandbänke an der südlichen Inselseite, auf denen eine der größten Robbenpopulationen der Nordsee zu sehen ist. Alles in allem ein sehr schönes Fleckchen Erde!
Neue Anreisemodalität

Doch nun zum sportlichen Teil unserer Reise...
Die beliebteste Sportart der Dänen ist, wie sollte es auch anders sein, der Fussball. Dieser wird von der Dank Boldspil-Union organisiert, welche 1889 gegründet wurde und somit älter ist als der Deutsche Fussball Bund. Bei bisher sieben Teilnahmen an Europameisterschaften konnte 1992 sensationell der Titel errungen werden. Leidtragende damals war die deutsche Mannschaft, welche als Weltmeister nach Schweden gereist war. Die unterlag nämlich im Finale mit 0:2. Eigentlich nicht für das Turnier qualifiziert, rückte die Mannschaft wegen des Bürgerkriegs in Jugoslawien nach und errang den Titel. Spieler wie Peter Schmeichel, Brian Laudrup und Henrik Larsen sind dem geneigten Fussballfan sicherlich keine Unbekannten.
Doch seither gab es für die dänische Nationalmannschaft nicht mehr viel zu feiern. Der nächstgrößte Erfolg war ein Viertelfinaleinzug bei der WM 1998. Derzeit (Stand 09.07.2015) rangiert die Dänische Equipe auf dem 24. Platz, hinter Island und vor Ghana.
Auch auf Klubebene gelang den Mannschaften bisher nicht viel. Kein dänischer Verein konnte bisher einen Europäischen Titel gewinnen. Größter Erfolg war eine Halbfinalteilnahme am Europapokal in der Saison 1990/91 von Brøndby IF, welche allerdings mit 1:2 gegen den AS Rom verloren ging.
Deutsche Fussballaffinisten kennen sicherlich diverse dänische Vereine wie beispielsweise Brøndby IF, FC Kopenhagen, FC Midtjylland und eventuell noch Aalborg BK. All diese Vereine finden sich in der ersten Liga, der sogenannten ALKA Superligaen wieder. Aus der zweiten Liga, der 1. Division, kennt man vielleicht noch den FC Roskilde oder Silkeborg IF. Ansonsten würde ich behaupten, dass nicht viele Leute etwas mit dem FC Vestsjaelland oder Vendsyssel FF Hjörring anfangen können. Derzeitiger Meister Dänemarks ist der FC Midtjylland, Rekordmeister der FC Kopenhagen. 
Der erste Besuch auf der Insel Fanø (gesprochen: Fanö) brachte den Autor per pedes zum insulanischen Stadion. Besser gesagt zum Fussballplatz der Insel. Dieser liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zur lokalen Schule. Die gesamte Anlage besticht durch 2 Fussballfelder, drei Hockeyplätze, zwei Tennisplätze und diverse andere Möglichkeiten zur körperlichen Ertüchtigung, wie beispielsweise einen Parcoursübungsplatz. Für eine Schule eine doch sehr nette Anlage. Der ortsansässige Fanø Boldklub trägt hier stellenweise seine Heimspiele aus. Andere Spiellokale befinden sich auf dem Festland in Esbjerg. Der Fanø Boldklub spielt derzeit in der Serie 4. Was das genau bedeutet, kann trotz ausführlicher Recherche nicht in Erfahrung gebracht werden. Es ist aber davon auszugehen, dass es nichts mit Profifussball zu tun hat. Davon zeugt auch der Zustand des Sportplatzes hinter der Schule. Der Rasen gleicht einem rumpeligen Acker und die Tore wurden auch schon länger nicht mehr benutzt. Ist ja schließlich auch Sommerpause. Eine ordentliche Kreidung konnte bei der Platzbegehung ebenso nicht festgestellt werden, wie ein Vereinskneipchen. Ich bin aber davon überzeugt, dass diese Zustände bei aktivem Spielbetrieb abgestellt werden. Immerhin denke ich, dass die Zuschauer ihr Bierchen an das Feld mitnehmen können, da ein Sportcasino nicht plötzlich aufgebaut werden kann (zumindest an einer Schule...). Leider kann aber hier eine Bewertung der gewohnten so´n-Hafer-Kriterien nicht erfolgen. Auch nach reiflicher Internetsuche konnte kein Spiel auf der Insel während unserer Anwesenheit ausgemacht werden. Schade!!!
Der Straßenname verspricht mehr als es am Ende ist
 

Doch von so einer ersten herben Enttäuschung lässt sich ein Autor von so´n Hafer nicht unterkriegen und sucht sich ein Spiel in der näheren Umgebung. Da es auf der Insel keines gab, musste also auf das nahegelegene Festland ausgewichen werden.
Unser Ziel sollte das Spiel Esbjerg fB - FC Kopenhagen sein. Immerhin ein 1.Ligaspiel, welches eigentlich nicht in die Kategorie von so´n Hafer fällt. Aber nicht so voreilig, liebe Leser. Wie bereits im Videobeitrag mitgeteilt, gab es diverse Spielzüge, die das Prädikat Hafer durchaus verdienen.
Der Esbjerg forenede Boldklubber trägt seine Heimspiele in der Blue Water Arena aus. Die Mannschaft, welche in Blau-Weiß spielt, ging 1924 aus einer Fusion zweier Stadtteilvereine hervor und konnte seitdem schon einige Erfolge verbuchen. Die Größten waren die Meisterschaften 1961-63, 1965 und 1979 und die nationalen Pokaltriumphe in den Jahren 1964, 1976 und 2013. Die glorreichen Zeiten liegen also schon in etwas weiterer Ferne. Allerdings konnten sich die Hafenstädter in den 2000er Jahren dreimal für den Europacup qualifizieren (2003, 2005, 2012). Dabei konnten sie sich in der Saison 2006/06 über die Fair-Play-Wertung der UEFA qualifizieren. Beim letzten Ausflug der Esbjerger nach Europa konnte sogar ein Weiterkommen in den Play-Offs über den AS Saint-Etienne gefeiert werden. Trotz allem gelten die "Klubber" Jahr um Jahr als Abstiegskandidat. In der Saison 2014/15 konnte in der Superligaen ein Achter Platz erreicht werden.
Etwas konträrer ist die Geschichte und die derzeitige Situation beim heutigen Gegner, dem FC Kopenhagen. Viel Tradition hat dieser Verein an sich nicht zu bieten. Die Gründung erfolgte, wie so oft im dänischen Fussball, durch Fusion zweier Vereine am 01.07.1992. Allerdings gilt der Vorgängerverein Kjøbenhavens Boldklub als ältester Fussballverein Nordeuropas außerhalb Großbritaniens. Dieser gründete sich nämlich schon am 26.04.1876. Die ersten Dänischen Meisterschaften 1913/14 und 1914/15 konnte KB für sich entscheiden. Bis 1980 kamen insgesamt 13 Meisterschaft hinzu, und somit kann sich dieser, der heute nicht mehr existent ist, Dänischer Rekordmeister nennen. Ein nationaler Pokalerfolg blieb den Spielern allerdings verwehrt. Interessanter Fakt nebenher ist, dass der Nachfolgeverein FC Kopenhagen Rekordmeister der Superligaen (10 Meisterschaften) ist. 
Kontrahenten auf Augenhöhe

Der zweite Fusionspartner, aus dem der heutige Klub entstanden ist, ist der Boldklubben 1903. Seit der Gründung, wie der Name schon verrät im Jahre 1903, schon ein recht erfolgreicher Verein mit insgesamt 7 nationalen Meisterschaften und zwei Pokalsiegen. Der letzte konnte 1986 gefeiert werden und stellte das vorübergehende Ende der erfolgreichen Kopenhagener Fussballgeschichte dar.
Es kam, wie es kommen musste und beide Mannschaften konnten ihre sportlichen Erfolge nicht in wirtschaftliche Konstanz und Meriten ummünzen. KB konnte sportlich nicht mehr mithalten und wurde trotz starker Fanbasis in die Zweite Liga durchgereicht und B1903 war sportlich überragend, spielte erfolgreich im UEFA-Pokal, konnte allerdings nie mehr als 2.000 Zuschauer ins "Gentofte Stadion" locken. Desweiteren baute die Stadt Kopenhagen zu dieser Zeit gerade das Stadion Parken neu, welches am Besten auch von einer erfolgreichen Mannschaft mit Zuschauern gefüllt werden sollte. "Parken" bietet nach diversen Umbauten heute 38.000 Zuschauern Platz. Das Stadion ist Austragungsort des Dänischen Pokalfinales und es werden zahlreiche Konzerte und andere Veranstaltung mit bis zu 55.000 Zuschauern beherbergt.
1992 sollten also die beiden Platzhirsche in der dänischen Hauptstadt zusammen geschlossen werden, um einem neu aufkommenden Gegner aus einem Vorort Paroli bieten zu können. Brøndby IF, heute 10-maliger Meister (6 davon in der Superligaen), wurde Mitte der 80er und der 90er zur neuen Fussballmacht in Dänemark. Das wollte man sich nicht gefallen lassen, und so war der Entschluss einen neuen großen Verein für Kopenhagen zu gründen schnell gefasst.
Außenansicht mit Glas


Doch nun zum eigentlichen Spiel! Esbjerg, wie oben schon erwähnt, trägt seine Heimspiele in der Blue Water Arena aus. Das Stadion, benannt nach einem großen Logistik- und Transportunternehmen, kann bis zu 18.000 Zuschauer beherbergen. Das Stadion wurde 1955 erstmals eröffnet und 2009 komplett renoviert. Es ist ein doppelstöckiges Stadion, in welchem die Ecken den Ultras vorbehalten sind. Die Haupttribüne besteht aus Sitzplätzen und den VIP-Logen, welche komplett verglast sind. Die Gegentribüne besteht aus einem kleinen Unterrang und einem etwas größeren Oberrang. Beide Ränge sind komplett mit Sitzplätzen ausgestattet. Die linksseitige Hintertortribüne ist im Unterrang mit Stehplätzen ausgestattet. Der Oberrang ist in der Ecke ebenfalls mit Stehplätzen bestückt, der Rest ist wiederum mit blauen Sitzschalen ausgestattet. Die rechte Hintertortribüne besteht auch komplett aus Sitzplätzen, außer die Ecke, welche den Gästeanhängern vorbehalten bleibt. Interessant an dieser Tribüne ist, dass hier Sitzplatzkarten ohne feste Platzbindung verkauft werden. Daher besteht in diesem Block freie Platzwahl. Dadurch sind die Karten günstiger als Stehplatzkarten auf der gegenüberliegenden Tribüne. Trotzdem müssen für den billigsten Sitzplatz 110 Dänische Kronen und für den Stehplatz 130 DK berappt werden. Bei einem anzunehmenden Umrechnungskurs von 1:7, kosten die Karten 16 bzw. 19 €uro.
Autor und Stadion

Optisch besticht das Stadion vor allem durch seine auffällige, runde Glasfront. Auch im Inneren versteckt sich ein kleines Schmankerl. Im Gegensatz zu den meisten anderen Stadien der Welt, gibt es in Esbjerger Stadion einen knapp 6.000 Liter fassenden zentralen Tank für den kühlen Gerstensaft, der über ein Rohleitungssystem das Blonde an 20 Zapfanlagen pumpt. Desweiteren besticht die gesamte Anlage um das Stadion mit seiner Weitläufigkeit und der Menge an Sportstätten. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Stadion befindet sich unter anderem noch ein Leichtathletikstadion für rund 8.000 Zuschauer, Dänemarks größtes Erlebnisbad, eine Eishockeyhalle mit 4.200 Plätzen und ein Cricketfeld, welches 1.000 Zuschauern Platz bieten kann. Alles in allem kann behauptet werden, dass hier ein sportliches Zentrum im Südwestjütland entstanden ist, der offiziell Sports & Event Park Esbjerg heißt. 
Die Anreise erfolgte für uns mit der Fähre und mit dem Fahrrad. Wie man in unmittelbarer Stadionnähe sehen konnte, ist diese Anreisemethode bei den meisten der heute 9152 anwesenden Zuschauern äußerst beliebt. Erst nach einer halben Stadionrunde konnte ein Fleckchen gefunden werden, um die Drahtesel anzuschließen. Auf dem Stadionvorplatz das gewohnte Bild. Biertrinkende Fans, ein proppevoller Fanshop und aufgeregt umherlaufende Polizisten. Wer faul sein möchte, kann in Esbjerg auch auf ein gut ausgebautes Busnetz zurückgreifen. Das Innere der Arena und die Stimmung könnten 5 von 5 Tribünen rechtfertigen. Allerdings kann bei einem Erstligaspiel nicht die gewohnte Wertung gelten. Egal!!! Ich mach´s trotzdem!
Bequeme Auswechselbank
Zu den Bockwürsten. Es gab allerlei Köstlichkeiten vom Grill und aus dem Becher. Vom Fransk Hotdog (Wurst, Baguette mit Loch, spezielle Mayo) bis zu Bratwurst und Bier gab es alles. Vorrausgesetzt man hat die dafür notwendigen Kronen. Für den Autor gab´s ein Bier, welchem man die langen Leitungen im Stadion abschmeckte, für schmale 45 Kronen (Knapp 6,50 €uro). Sparen konnte man mit dem praktischen 4er Papptablett für 160 Kronen. Die Fanta, welche ich fälschlicherweise meiner Begleiterin mitgebracht habe, konnte für angenehme 25 Kronen erstanden werden. Die Preise für die Leckereien habe ich nicht mitbekommen, da ich zu sehr darauf konzentriert war, auf dänisch ein Bier und eine Sprite zu bestellen. Hat ja, wie oben zu lesen ist, super geklappt...
Durch den übermäßigen Preis, kann es hier nur 3,5 von 5 Bockwürsten geben. Die Fransk Hotdogs sind allerdings super lecker, wie, zurück auf der Insel, festgestellt werden konnte.
Die sanitären Anlagen sind für so ein Stadion völlig ausreichend, wobei sich die Dänen anscheinend nicht auf der Toilette benehmen können. Dabei sahen die blechernen Pinkelrinnen der Herren besser aus als die keramischen Sitze der Damen. Da sollten, Erzählungen nach, beschissene Zustände geherrscht haben. Daher nur 2 von 5 Klobürsten.
Zum eigentlichen Spiel braucht man nicht viele Worte...
Kopenhagen gewann eine Mischung aus Herumgestochere und Fehlpassfestival mit 2:1. Wobei man nicht sehr oft in den Genuss von schönen Ballstafetten oder gar Doppelpässen kam. Sehr oft war es Gevatter Zufall, der den Ball in den Besitz von einem Spieler in Tornähe brachte. Dieser Spieler war in so einem Fall anscheinend eher überrascht als konzentriert und drosch in ein ums andere Mal in Richtung Tribüne. Dass es trotzdem drei Punkte für die Hauptstädter waren, ist auch dem etwas unbeholfenen Schiedsrichter zu verdanken, der recht großzügig für Kopenhagen pfiff. 
Robben am Strand

Trotz der sich schon sehr früh abzeichnenden Niederlage für die Hausherren, steckten die Fans nie auf. Dafür ein Kompliment! Die Ultras und Fans aus der Hauptstadt machten ihre Sache ebenfalls solide. Wenn man bedenkt, dass diese fünf Tage später in der Champions-League ein Feuerwerk in Tschechien abbrannten, etwas enttäuschend. Trotzdem ist diese Fanszene schon eine der besseren in Dänemark. Beim Derby in Kopenhagen ist da sicherlich einiges los! Darüber kann dann aber eventuell zu einem späteren Zeitpunkt berichtet werden.

Am Ende bleibt ein schöner Besuch bei einem Völkchen, welches nett und sympatisch daherkommt, aber vom Fussball soweit entfernt ist, wie Robben vom Festland.  

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